Wie Bayern München zu schlagen ist – eine statistische Analyse

3-2-2. Das ist nicht Bayern München’s Aufstellung nach drei roten Karten, sondern die Rückrunden Bilanz nach 7 Spieltagen. Bis auf das Unentschieden gegen den HSV kamen die beiden Niederlagen (Gladbach, Leverkusen) und das Unentschieden (Freiburg) auswärts. Natürlich viel zu wenig für einen FC Bayern München. Auch die Gesamtbilanz sagt einiges aus: 6:0 Tore und 7 Punkte in der Allianz-Arena und 1:5 Tore und 1 Punkt in fremden Stadien. Das die Münchner kriseln ist allen klar und das Auswärtsspiele immer schwierig sind ist auch sicherlich ein Faktor, doch geht man statistisch tiefer in die Materie so lässt sich einiges entdecken, was für Bayern Gegner durchaus als hilfreicher Faktor für eine erfolgreiche Taktik und natürlich für Bayern als ein paar von verschiedenen Gründen fuer die Krise gelten kann.

Alle Statistiken stammen vom sehr guten Angebot auf bundesliga.de (http://www.bundesliga.de/de/liga/matches/2011/index.php und beim jeweiligen Spieltag und Spiel auf Analyse und dann Teamstatistiken)

Die Analyse

Eine erste Auffalligkeit für die aktuelle Krise der Rückrunde sind die Zweikämpfe. In der Grafik wird schnell ersichtlich, dass Bayern in der Rückrunde weniger Zweikämpfe gewinnt. Der Schnitt für die komplette Saison liegt bei 52% gewonnener Zweikämpfen, in 7 Spielen in der Rückrunde lagen sie 4-mal unter dem Schnitt. Klar, das Testesteron-Level in Heimspielen liegt höher, dennoch nur gegen Freiburg den Kampf der Zweikämpfe zu gewinnen ist eindeutig zu wenig. Im ersten Rückrunden-Spiel Gladbach wurde Bayern regelrecht niedergekämpft und lieferte die statistische schlechteste Zweikampf-Vorstellung der Saison ab. Auch gegen Leverkusen und den HSV verlor man mehr Zweikämpfe als der Gegner.

Obwohl Bayern auch Spiele gewann, in denen sie deutlich weniger als 50% der Zweikämpfe gewannen (2. bei Wolfsburg oder 15. Zuhause gegen Bremen), lässt sich hier dennoch eine erste statistische Auffaeligkeit festmachen.

—-

Was viele Kommentatoren und Kritken mehrfach erwähnen, ist der Anschein, dass die Bayern anscheinend weniger als Team auftreten seit der Winterpause. Aus der statistischen Sicht sind Pässe sicherlich der beste Indikator für ein Team. Ja, Pässe sind nicht der perfekte Indikator, immerhin kann ja mal ein Neuer Abschlag direkt bei Gomez landen, der die Pille direkt reinknallt, aber grundsätzlich umschreiben Pässe im Allgemein doch den Willen einer Mannschaft gemeinsam zu arbeiten.

Wenn wir uns die Statistik anschauen, fällt gleich auf, dass die Bayern seit der Rückrunde weit unter demSaison-Schnitt 506 Pässen pro Spiel liegen. Nimmt man den Hin- vs. Rückrundenschnitt sind die Unterschiede noch auffälliger. In der Hinrunde haben sich die Bayern im Schnitt 520-mal den Ball zugepasst. In der Rückrunde fällt dieser Schnitt auf nur noch 472 Pässe pro Spie, fast 50 Pässe pro Spiel weniger. Nimmt man die beiden Siege gegen Wolfsburg am 2. Spieltag und Schalke am 23. Spieltag aus dem Kontext, dann fällt auch auf, dass die Bayern mit wenigen Ballkontakten schlechte Ergebnisse einfahren. Hoffenheim, Hannover, HSV, Freiburg und Leverkusen konnten alle Bayern deutlich unter ihrem Schnitt halten und konnten so punkten.

Klar, die Bayern am erfolgreichen Pässen zu hindern ist eine schwierige Aufgabe, aber auch Abstiegskandidat Freiburg konnte diesen Plan umsetzen und aggressiv auftreten. Das sollten die meisten Teams in der Liga hinkriegen, mit einem richtigen Plan. Dieses aggressive Auftreten der erfolgreichen Teams gegen Bayern zeigt sich auch in der Erfolgssquote der Pässe. Bayern prozentuale Quote an erfolgreichen Pässen ist außer bei Gladbachs Sieg am 18. Spieltag bei allen Nicht-Siegen deutlich unter dem Saison-Schnitt von 87,3% an angekommenen Pässen. Abgesehen vom Schalke-Sieg am 23. Spieltag scheint die magische Grenze für einen Bayern-Sieg eine Quote von 86% zu sein. Noch anzumerken sei, dass ein Team das im Rückstand liegt, sicherlich mehr riskieren muss und dadurch die Quote leidet, dennoch ist auch hier ein statistisches Argument vorhanden.

—-

Eine interessante Statistik fällt bei der Betrachtung der Flanken auf. Insbesondere bei den beiden Niederlagen gegen Gladbach. Im Schnitt dreschen und chippen die Bayern 11 Flanken pro Spiel in den Strafraum der Gegner. Gegen Gladbach waren es jedoch unglaubliche 27 und 24 Flanken im Spiel (ohne die Gladbache-Spiele sind es dann auch nur noch 9 pro Spiel). So scheint die Taktik „Über-die-Außen-Flanke-Tor“ nicht Bayerns Erfolgsmittel zu sein. Eben weil Ribery und Robben über die Außen-nach-Innen ziehen bevorzugen und sich dadurch die Chancen ergeben. Ich hab jetzt auch nicht alle Spielzüge im Kopf, aber in meiner Wahrnehmung ist Philip Lahm am ehesten offensiv an einem Tor beteiligt, wenn er ebenfalls nach dem Ribery-Robben-Prinzip nach innen geht und als Flankengotthab ich ihn auch noch nie wahrgenommen. Das hat vermutlich auch Favre so erkannt und die Mitte dicht gemacht und sie stattdessen dazu eingeladen die außen zu bevölkern und eine Ladung Flanken in den Strafraum zu feuern. Jap, mit Dante steht bei Gladbach auch ein Innenverteidigungsmonster in der Mitte, der die Flanken mit seinen Kollegen abfangen konnt und nicht jedes Team besitzt eine derarte Innenvertidigung, aber dennoch sollten Teams versuchen, die Mitte dicht zu machen und den Bayern die außen zu überlassen.

—-

Eine letzte Statistik, die ich interessant finde, ist die Gesamtdistanz, also wie viel Kilometer die Bayern auf dem Platz als Kollektiv zurücklegen. Hier fällt schnell auf, dass die Bayern in der Rückrunde deutlich mehr Kilometer laufen oder anders ausgedrückt, die Gegner lassen die Bayern mehr laufen. Und das zahlt sich sich aus. Der Saisonschnitt liegt bei 112,1 km pro Spiel, liegt Bayern drüber lautet die Bilanz 1 Sieg, 2 Unentschieden und 4 Niederlagen. Deutliche Aussage.

Was machen die Gegner anders damit die Bayern mehr laufen müssen? Sie passen weniger, oder besser bekannt als „schnelles Spiel“. Die Bayern auf Trapp halten und Konzentration testen. Ein relativ einfaches Prinzip, das auch Freiburg umsetzen konnte. Bei der 7:0 Niederlage im Spiel noch mit 233 Pässen, haben sie beim Rückspiel (0:0) nur 131 Pässe erfolgreich abgeschlossen. 100 Pässe weniger! Und anhand der Freiburger Fehlpassquote, die von 18,2% (Hinspiel) auf 29,9% (Rückspiel) hochgeschossen ist, wird schnell deutlich, dass die Freiburger die Bayern mit einem schnelleren, riskanterem Spiel den Schneid abkaufen konnten. Dasselbe passierte auch bei den Niederlagen gegen Hannover (167 Pässe, 25% Fehlpassquote) und Mainz (184, 28%).

Das ganze ist natürlich kein Blueprint um gegen die Bayern zu gewinnen, aber auf jeden Fall Indizen für eine taktische Ausrichtung.

2 thoughts on “Wie Bayern München zu schlagen ist – eine statistische Analyse

  1. Hmm, mMn fehlt die wichtigste Statistik: % der genutzten ersten 3 Großchancen pro Spiel. Und zwar sowohl von den Bayern als auch den Gegnern. Die Bayern haben geschätzte 6-10 Großchancen/Spiel, die Gegner max. ein Drittel. Die hier aufgeführten Statistiken liefern den a posteriori Blick und sind als Handlungsmaxime für Gegner der Münchener ungeeignet. Durch den Ausfall Schweinsteigers haben die Münchener zudem eine eminent wichtige Personalumstellung zwischen Hin- und Rückrunde zu verkraften. Zumindest der Vergleich von Passhäufigkeit und -genauigkeit zwischen Hin- und Rückrunde müsste das berücksichtigen. Versucht mal, eure Zahlen auf die 3 Spiel-Drittel aufzuteilen und in Korrelation zum jeweiligen Spielstand zu setzen. Ich bin sehr sicher, dass die Ausschläge in die Extrema sich abzuzeichnen beginnen, je nachdem ob der FCB führt, zurück liegt oder je länger die Nullen stehen. Das heißt, diese Zahlen sind nichts weiter als zusätzliche Bestätigungen des jeweiligen Spielstandes. Die (Hin- und Rück-)Spiele gegen Gladbach, den HSV, LEV oder Freiburg belegen das. Gladbachs Chancenverwertung im Hinspiel lag bei 100%, im Rückspiel bis zum 2:0 dito. Das Einzige, was in diesen Zahlen (absolut wie relativ zum Spielstand) zum Ausdruck kommt, ist, dass Bayern sich a priori zu stark auf die vermeintlich höhere Spielerqualität verlässt und keine (tauglichen) Konzepte für veränderte Spiel- und Personalsituationen hat: weder in der Spielanlage noch auf der Bank.

    Gruß, Minstrel

    • Wäre schön, wenn ich einen Zugang zu diesen Statistiken hätte, dann würde ich das definitiv genauso angehen. Allerdings habe ich diesen nicht (sehr teuer).
      Du hast definitiv einen guten Punkt angesprochen, aber dennoch würde ich nicht unbedingt sagen, das die Statistiken nur Spielstände widergeben. Nehmen wir die Spiele in denen Bayern Unentschieden gespielt hat. Bei jedem Sieg stand es zu Beginn bis zum ersten Tor Unentschieden und vergleicht man die Daten mit den Unentschieden gibt es dort Unterschiede.
      Und wie du schon anmerkst, lassen sich aus den Zahlen u.a. andere Aussagen wie Spielerqualität oder fehlede Systemflexibilität herauslesen. Und wenn ein Team keine Systemflexibilität besitzt, dann müsste der Gegner doch nur bestimmte Dinge tun, um das Team zu besiegen, da sich dieses nicht anpassen kann.

      Grüße 6ps

Hinterlasse eine Antwort zu 6ps Antwort abbrechen